Samstag, 6. September 2003

Leute heute: Der Filmemacher Simon Schmid (23) aus Winkel
Kino in Kurzform — und länger
 
Winkel — «Bewegte Bilder» haben Simon Schmid aus Winkel schon immer fasziniert. Heute studiert der 23-Jährige an der Hochschule für Gestaltung und Kunst, um in Zukunft sein Geld als Filmemacher zu verdienen.
 

Simon Schmid, 23 Jahre, ledig. Hobbys: Filme machen, Skateboard, Snowboard. Berufliche Tätigkeit: Student/Audio-Video-Elektroniker.


«Ich möchte das Publikum — wenn auch nur für kurze Zeit — in eine andere Welt entführen», sagt Simon Schmid und schmunzelt. «Das fasziniert und reizt mich immer wieder aufs Neue.» Seit zwei Jahren besucht der 23-Jährige aus Winkel die Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich (HGKZ). Rund zwei Drittel seiner vierjährigen Ausbildung im Studienbereich «Film» bestehen aus Praxis orientierter Projektarbeit, individuell und in Gruppenarbeiten werden Dokumentar-, Experimental-, Trick- und Spielfilme gedreht.

«Wir bewegen uns normalerweise im Rahmen des Kurzfilms», erzählt der ausgebildete Audio-Video-Elektroniker; Vor seinem Hochschulstudium hat er eine vierjährige Berufslehre beim Schweizer Fernsehen absolviert. Und auch heute noch arbeitet er am Leutschenbach als technischer Supporter. «Die beste Lösung für mich!»

Bezüglich Ablauf und Aufgabenverteilung seien die an der Hochschule realisierten Filmprojekte durchaus vergleichbar mit den grösseren kommerziellen Produktionen, meint Simon Schmid. «Es sind die gleichen Funktionen und Positionen innerhalb der Crew — halt einfach ein kleineres Budget». Gedreht wird digital oder auf «Super 16mm». «Wir machen sozusagen Kino in Kurzform», so der Filmemacher.

Durchsetzungsvermögen gefordert

Demnächst wird Simon Schmid beim Filmprojekt eines Studienkollegen die Kamera-Arbeit übernehmen. «Im kommenden Mai/Juni ist dann wieder ein eigener Film geplant», freut er sich. «Mir ist sehr wichtig, was die Leute über meine Filme denken», so der 23-Jährige aus Winkel. Als Schweizer Filmschaffender brauche man vor allem ein gesundes Selbstvertrauen, viel Durchsetzungsvermögen und den Willen, aus konstruktiver Kritik auch etwas zu lernen. Zudem müsse man sich selber gut «verkaufen» können.

Drehbuchautor und Regisseur

Im Gegensatz zu Amerika werden in der Schweiz überwiegend so genannte «Autorenfilme» realisiert. Dabei schreibt der Regisseur das Drehbuch zum Film gleich selber. «Eigentlich ist das Drehbuchschreiben ein technischer Vorgang, der nach festen Regeln und Gestaltungskriterien abläuft», betont Simon Schmid. Dies erleichtere zu einem späteren Zeitpunkt die Suche nach Geldgebern. Bevor an der Hochschule für Gestaltung und Kunst ein Film realisiert wird, muss aber zuerst das entsprechende Drehbuch bewilligt werden. Erst dann ist die Finanzierung des Projekts sichergestellt.

Ganz am Anfang jedes Filmprojekts steht ein zündender Einfall, sozusagen die Kernidee, die zuerst nur im Kopf des Drehbuchautors weiterentwickelt wird. «Überall siehst du Geschichten», lacht der 23-Jährige. Er ertappe sich immer wieder dabei, wie er Alltagssituationen aus der «Kameraperspektive» betrachte. Während der Drehbuchentwicklung hört er gerne auch mal eine andere Meinung oder holt Verbesserungsvorschläge ein.

Der entscheidende Griff

«Die Hochschule bietet mir die Möglichkeit, sehr viel auszuprobieren», erzählt Simon Schmid, der in Winkel wohnt und dort auch aufgewachsen ist. «Meine Eltern hatten diese Videokamera», erinnert er sich schmunzelnd an seine ersten Versuche als Filmemacher: «Irgendwann, es war wohl in den Sommerferien, habe ich meinem Vater einfach die Kamera aus der Hand gerissen und selber drauf los gefilmt.» Bereits damals verspürte der kleine Junge eine besondere Faszination für das Filmemachen und so nahm die Geschichte ihren Lauf. «Ich war eigentlich immer hinter der Kamera», meint der 23-Jährige, zurückblickend auf seine Jugendjahre.

Unterländer Jungfilmcrew: «crac»

«Es begann an einem ziemlich langweiligen Mittwochnachmittag und zwar mit einer VHS-C Videokamera», so der Filmemacher. Gemeinsam mit drei Freunden — Adrian Stumm, Stefan Egli und Markus Schweizer — gründete der Oberstufenschüler 1995 die Zürcher Unterländer Jungfilm-Crew. «Eden TV hat uns damals stark inspiriert», erinnert er sich. In Anlehnung an ein ungewöhnliches Wort aus dem damaligen Französisch-Lehrmittel «On y va» nannten sich die vier Jungfilmer kurz und prägnant «crac», was ins Deutsche übersetzt soviel wie Lärm bedeutet. Was folgte war eine äusserst spannende Zeit des filmischen Herumexperimentierens und das Ausloten der eigenen Ideen und Möglichkeiten. Mit dem einschneidenden Übertritt von der Schule in die Berufswelt trennten sich die Wege der Filmenthusiasten aus dem Unterland. Nun sprudelten die Ideen am Arbeitsplatz; und erstmals wurden die Filme nach Drehbuch realisiert. In jener Zeit sind auch preisgekrönte Kurzfilme entstanden.

Blick in die Zukunft
«Später einmal vom Filme machen leben können», sagt Simon Schmid. «Das ist mein Ziel.» Ob als unabhängiger Regisseur oder als fest angestellter Kameramann, in der Werbebranche, beim Fernsehen oder im Rahmen von Kino-Produktionen — noch weiss der 23-Jährige nicht, wohin sein beruflicher Weg genau führen wird. «Auf jeden Fall will ich ein Produkt abliefern, das über dem Durchschnitt liegt: überdurchschnittlich gut — vielleicht mal auch überdurchschnittlich schlecht», fügt er lachend an.